Gericht weist BUND-Widerspruch gegen gefährliche Atomexporte aus formalen Gründen ab

Der BUND Baden-Württemberg ist enttäuscht, dass das Verwaltungsgericht Frankfurt ihn im Fall der Atomexporte nach Leibstadt nicht als klageberechtigt sieht.

Stuttgart/Freiburg. Das Gericht beschloss am Freitag (12.2.21) in einer Eilentscheidung, dass das Brennelementewerk in Lingen weiterhin Brennstäbe an alte und störanfällige grenznahe Atomkraftwerke exportieren darf. Das Gericht begründete seine Entscheidung allerdings rein formal: Weder Privatpersonen noch Umweltverbände seien nach deutschem Recht befugt, Widersprüche gegen die Exportgenehmigungen geltend zu machen, egal wie sehr sie auch inhaltlich begründet seien.

Atomkraftwerk stellt Gefahr für Bevölkerung dar

Da durch das störanfällige AKW an der deutschen Grenze das Leben und die Gesundheit der Menschen in Baden-Württemberg bedroht sind, hatten der BUND und drei in Baden-Württemberg lebende Privatpersonen gehofft, durch ihren Widerspruch die Exporte stoppen zu können. „Das Gericht ist unserer Argumentation nicht gefolgt“, bedauert Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesgeschäftsführerin des BUND Baden-Württemberg. „Die Folge ist nun, dass in diesem sensiblen Bereich des gesellschaftlichen Lebens, nämlich dem Atomrecht, eine Behördenentscheidung ergehen darf, die von niemandem juristisch angefochten werden kann – egal wie fehlerhaft sie auch ist.“

Deutlicher Auftrag an die kommende Bundesregierung

Ein deutlicher Fingerzeig an die Politik lässt sich allerdings aus dem Gerichtsbeschluss herauslesen. Denn dass hier niemand Widerspruchsbefugnis hat, erklärt das Gericht aus dem Umstand, dass Deutschland die 2001 in Kraft getretene Aarhus-Konvention nicht vollständig in nationales Recht umgesetzt hat. Die Aarhus-Konvention ist ein internationales „Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten“, das alle EU Länder, also auch Deutschland, ratifiziert haben.

„Wir sind enttäuscht über den Gerichtsbeschluss, sehen ihn aber auch als deutlichen Auftrag an die kommende Bundesregierung, Völkerrecht endlich vollständig in nationales Recht umzusetzen“, betont Sylvia Pilarsky-Grosch.

In der Ursprungsfassung des Atomgesetzes von 1959 brachte §1 den Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck, den Auf- und Ausbau der kommerziellen Nutzung der Kernkraft zu fördern, heute ist dort der Schutz der Bevölkerung durch einen geordneten Ausstieg aus der Atomenergie verankert.

„Genehmigungsbehörde muss die Sicherheit der Atomkraftwerke kritisch prüfen“

„Das Gericht hat sich durchaus auch mit unseren inhaltlichen Argumenten zu den Gefahren grenznaher Atomkraftwerke auseinandergesetzt, konnte sie aber wegen fehlender Rechtsgrundlagen nicht berücksichtigen“, so Stefan Auchter vom BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein. „Das Gericht hat aber auch außer Zweifel gelassen, dass das Atomgesetz den deutschen Staat, die Bevölkerung und die Natur nicht nur vor den Gefahren missbräuchlicher Verwendung, sondern auch vor unbeabsichtigtem Freiwerden radioaktiver Substanzen schützen soll.

Die Genehmigungsbehörde muss daher endlich die Sicherheit der zu beliefernden Atomkraftwerke kritisch und unabhängig prüfen und die Exportgenehmigung zurückhalten, wenn berechtigte Zweifel an der Sicherheit der Anlagen bestehen, und diese Zweifel bestehen durchaus.“

Der BUND wird sich in den kommenden Tagen beraten und weitere Schritte erwägen.

Hintergrund
Framatome, eine Tochter des französischen Atomkonzerns EdF, lässt Brennelemente im niedersächsischen Lingen fertigen. Die BUND-Regionalverbände Südlicher Oberrhein und Hochrhein, der BUND Landesverband Baden- Württemberg, einige Mitglieder des IPPNW, verschiedene Anti-Atom-Initiativen in Baden-Württemberg und Privatpersonen hatten im Herbst gegen den Export Widersprüche beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eingereicht. Der Widerspruch des BUND hatte aufschiebende Wirkung.
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